Donnerstag, 13. Oktober 2011

Dead Island

Anfang des Jahres verzauberte der Rendertrailer von Dead Island Millionen Spieler auf der ganzen Welt. Kann das Spiel da mithalten?






Bei Dead Island handelt es sich um ein First-Person-Action-Horror-Spiel mit RPG-Elementen. Zu Beginn wählt Ihr einen von vier Überlebenden. Eure Wahl bestimmt nicht nur, wessen Stimme Ihr im Spiel hört und welcher Arm (und welches Bein) ab und an im Bild sind, sondern jeder der vier Protagonisten hat eigene Talente und ein eigenes Waffenspezialgebiet. Leider bleiben die Charaktere platte Stereotypen, von einer Entwicklung ist nichts zu sehen. Absolut unschön: Während die Questgeber zumindest in den deutschen Untertiteln stets von Euch in der Einzahl reden, sind in den Videosequenzen auf einmal alle vier Spielfiguren zu sehen, die auch untereinander diskutieren. Im Spiel sind sie aber schlichtweg nicht vorhanden, wenn Ihr alleine loszieht.




Warum auf der Urlaubsinsel der Teufel los ist und sich fast alle Gäste in Zombies verwandelt haben, stört Euch erstmal nicht, Ihr wollt nur weg. Aber dann tritt ein mysteriöser Mann auf den Plan, der sich immer mal wieder über Funk meldet. Ob er etwas mit den Infizierten zu tun hat? Bevor Ihr diese Frage beantworten könnt, führt Euch das Spiel zu Fuß und per Fahrzeug an die Küste, durch dunkle Tunnel, die Kanalisation, eine Stadt, den Dschungel, ein Forschungslabor und andere Orte. Die verschiedenen frei begehbaren Regionen werden innerhalb der Story nach und nach freigeschaltet, sind durch ein Schnellreisesystem miteinander verbunden und beherbergen immer stärkere Gegner.
Die meiste Zeit verbringt Ihr damit, auf heranstürmende Zombies einzuschlagen. Das Waffenarsenal ist mit Schaufeln, Stöcken, Schlägern, Messern, Macheten und Schlagringen sehr groß, außerdem lassen sich alle Waffen an Werkbänken modifizieren, umbauen und verstärken, falls Ihr über passende Baupläne und Material verfügt. Warum Ihr aber zusätzlich dafür noch Geld abdrücken müsst, bleibt ebenso ein Rätsel wie die Tatsache, dass Ihr zwar einen ganzen Haufen Schrott und mehrere Waffen mitnehmen dürft, aber keine Energydrinks oder Snacks, die Eure Lebensenergie auffrischen. Nur Medikits erlauben im Kampf eine kurze Erfrischung, alles andere müsst Ihr an Ort und Stelle benutzen.



Anfangs machen die Kloppereien viel Spaß. Mit Fußtritten haltet Ihr Infizierte auf Abstand oder stoßt sie zu Boden, scharfe Waffen trennen Gliedmaßen ab (fliegt der Kopf weg, ist Euer Gegenüber sofort tot, ohne Arme kämpfen die Untoten munter weiter), stumpfe Gegenstände verursachen Brüche. Mit der Zeit ladet Ihr eine Rage-Leiste auf, die auf Knopfdruck für sehr kurze Zeit Bärenkräfte verleiht. Alle Totschläger nutzen sich mit der Zeit ab und Ihr Einsatz kostet Ausdauer, die sich aber automatisch regeneriert. Euer bester Freund ist merkwürdigerweise Euer Fuß: Treten kostet keine Ausdauer und der Angriff kann als einziger nicht von gegnerischen Attacken unterbrochen werden. Wir haben die Meute irgendwann fast nur noch mit Tritten malträtiert, das ist zwar nicht schön und dauert lang, spart aber Geld, schließlich ist die Reparatur Eurer Totschläger nicht kostenlos (obwohl Ihr sie selbst vornehmt). Nach dem ersten Drittel des Spiels bekommt Ihr außerdem ab und an Feuerwaffen in die Hand. Munition ist allerdings stets knapp und gegen die Untoten nutzen die Schießprügel nicht viel - hebt sie für menschliche Gegner auf!
Auf Seiten der Zombies finden sich die üblichen Verdächtigen: Langsame und schnelle Infizierte, bullige Verrückte in Zwangsjacken, ein dicker Zombie, der Schleim spuckt, ein explodierender und ein wilder langhaariger Infizierter, dem die Hände fehlen. Das Problem: Die Kämpfe machen schon nach kurzer Zeit keinen Spaß mehr. Schnell habt Ihr Euch an den derben Splattereinlagen satt gesehen und erkennt, wie plump und eindimensional das Kampfsystem ist. Das gezielte Attackieren bestimmter Körperteile gestaltet sich schwerfällig und es macht abgesehen vom ausgeteilte Schaden keinerlei Unterschied, ob Ihr mit einem Baseballschläger oder einer Schaufel auf Eure Gegner eindrescht. Wenn mehrere Zombies gleichzeitig auf Euch einstürmen habt Ihr alleine meist keine Chance. Sterbt Ihr, so ist das allerdings nicht allzu schlimm. Ihr verliert etwas Geld und wacht nach fünf Sekunden in der Nähe wieder auf. Wenn Ihr Pech habt, geschieht das übrigens direkt in einer Gruppe Zombies, dann seht Ihr sofort erneut den Game-Over-Bildschirm. So entwickelt sich allerdings auch keinerlei Gruselstimmung oder Angst ums Überleben, sondern nur Frust, Ärger und bald Langeweile.
Vehemente Solospieler sollten die zahlreichen verstreuten Nebenquests (finde X, beschütze Y, töte Z) nutzen, um sich aufzuleveln (auch für den zweiten Anlauf, Ihr könnt das Spiel mit Eurem hochgezüchteten Charakter neu beginnen). So bekommt Ihr mehr Lebensenergie, investiert in drei verschiedene Talentbäume und dürft bessere Waffen einsetzen. Da es nur einen automatischen Speicherpunkt pro Durchgang gibt, lauft Ihr sonst Gefahr, einer Gegnerschar nicht gewachsen zu sein (oder einfach nicht die passende Ausrüstung dabeizuhaben) und dann nicht mehr zurück zu können. Das kann vor allem bei den später auftauchenden Eskortmissionen passieren, da Eure Schutzbefohlenen keinen Angriff scheuen, Ihr ihnen keine Befehle geben könnt und das Spiel den letzten Checkpoint lädt (der gerne auch mal direkt vor einer Konfrontation liegt), sobald sie sterben. Steht Ihr auf verlorenem Posten, bleibt Euch keine andere Wahl, als das Spiel für Koop-Partner zu öffnen und auf Hilfe von außen zu hoffen.

Betrachtet man die Grafik von Dead Island nur oberflächlich, präsentieren sich satte Splattereffekte, farbenfrohe Umgebungen und viele kleine Details. Schaut Ihr aber genauer hin, tun sich viele Ecken und Kanten auf: Texturen laden nur langsam und schwanken stark in ihrer Qualität. Objekte werden immer und immer wieder benutzt und es gibt viel Clipping und Tearing. Viele Charaktere schauen Euch nicht einmal an, wenn sie mit Euch reden. Auf deutsche Sprecher müsst Ihr verzichten, immerhin gibt es für Englisch-Verweigerer aber deutsche Untertitel.
Was bleibt also, wenn wir Blut und Gedärme von unserem Spielerlebnis abwischen: Eine durchaus unterhaltsame und recht lange dauernde aber flache Zombiejagd für Auflevel- und (wahrscheinlich) Koop-Fans, die durch abwechslungsreiche Schauplätze und ein sehr großes Waffenarsenal besticht, durch den immer gleichen Gefechts- und Missionsablauf, wenige Gegnertypen und einige merkwürdige Designentscheidungen (Stichwort Energydrink) aber auf lange Sicht eher frustriert, als motiviert.

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